Frau Hanfland, was untersucht eine Geologin in den Polargebieten?

Eine ganze Menge! Wir entnehmen beispielsweise im Rahmen von Schiffs­expe­di­tio­nen in die Ark­tis und Ant­ark­tis Was­ser­pro­ben und un­ter­su­chen die­se im La­bor auf ih­re che­mische Zu­sam­men­set­zung. Ich bei­spiels­wei­se ha­be vor­nehm­lich ra­dio­ak­tive Ele­mente ge­mes­sen, die uns viel er­zäh­len kön­nen über die Meeres­strö­mun­gen rund um Spitz­ber­gen der die Ant­ark­tis. Wie schnell das Was­ser in wel­chen Men­gen wo­hin fließt, ist auch ein Teil der Kli­ma­for­schung.

Grundsätzlich aber ist Polarforschung ein hei­ßes The­ma! Wir wis-
sen im­mer noch we­ni­ger über die Tief­see als über die Rück­sei­te des
Mon­des. Vie­le Fra­gen in den Geo­wis­sen­schaf­ten sind wei­ter­hin un­ge-
löst, un­sere Er­de hält noch vie­le Über­raschun­gen pa­rat. Un­ter dem vier -
Kilo­me­ter di­cken Eis­schild der Ant­ark­tis gibt es Süß­was­ser­se­en, in de­nen
vielleicht un­be­kann­tes Le­ben steckt – ist das nicht eine aufregende Vorstellung?

Wie sind Sie zu diesem spannenden Themengebiet gekommen?

Auf Umwegen und durch Erfahrungen. In der Schule war ich noch sehr auf Spra­chen fi­xiert, wuss­te aber ei­gent­lich schon da­mals, dass ich na­tur­wis­sen­schaft­lich stu­die­ren und ar­bei­ten will. Wäh­rend einer Stu­dien­fahrt auf den Ve­suv habe ich dann mei­ne Fas­zi­na­tion für Vul­kane und Erd­be­ben ent­deckt. Zu ei­nem echten Schlüs­sel­er­leb­nis wur­de dann mein Aus­lands­stu­dium an der Uni­er­si­tät in Edin­burgh. Hier kam ich zum ers­ten Mal in Kon­takt mit den Mee­res­wis­sen­schaf­ten und durf­te an zwei For­schungs­aus­fahr­ten auf die Ost­see teil­neh­men. Da­nach war klar, dass ich in diesem Be­reich pro­mo­vie­ren woll­te.

An welchen Projekten arbeiten Sie aktuell?

Bis vor drei Jahren habe ich selbst an vielen Expeditionen in die Eis­re­gio­nen un­serer Er­de teil­ge­nom­men. Mitt­ler­wei­le bin ich als Koo­rdi­na­to­rin der Gra­duier­ten­schu­le für die Wei­ter­bil­dung der Dok­to­ran­din­nen und Dok­to­ran­den am AWI ver­ant­wort­lich. Ich or­ga­ni­sie­re Work­shops mit Wis­sen­schaft­lerin­nen und Wis­sen­schaft­lern, Trai­nings in Vor­trags­ge­stal­tung oder Pro­jekt­manage­ment und st­he als An­sprech­par­tnerin für al­le Be­lange wäh­rend der Pro­mo­tions­zeit zur Ver­fü­gung. Da­bei hel­fe ich jun­gen Nach­wuchs­wis­sen­schaft­lerin­nen und -wis­sen­schaft­lern, ihren Weg im Wis­sen­schafts­sys­tem zu ge­hen, und bie­te da­rü­ber hinaus Maß­nah­men zur Ver­ein­bar­keit von Beruf und Familie an.

Sie haben zwei Kinder. Wie schaffen Sie es, Beruf und Familie zu vereinbaren?

Ich bin nach den Geburten meiner Kinder nach acht bzw. zehn Monaten wieder in die Ar­beit
zu­rück­ge­kehrt. Mein Ar­beit­ge­ber un­ter­hält eine Be­triebs­ki­ta, wo bei­de Kin­der gut un­ter­ge-
bracht wa­ren. Seit­dem ha­be ich mein Netz­werk kon­ti­nuier­lich aus­ge­baut und mir Hil­fe­stel-
lun­genim All­tag or­ga­ni­siert. Mit mei­nem Partner teile ich die Kinderbetreuung und halte
gleichzei­tig en­gen Kon­takt zu Müt­tern, die sich in ei­ner ähn­lichen Si­tuation wie ich befin-
­den: Wir un­ter­stützen uns ge­gen­sei­tig bei Engpässen in der Kinderbetreuung, beim Abho-
len vom Kindergarten, Einkaufen, Kleider- oder Spielzeugtausch. Außerdem habe ich zwei
Babysit­terin­nen für Abendtermine. Ich habe eine Putzfrau und halte die Wege des täg­lichen
Lebens kurz: Wohnung, Kin­dergarten, demnächst Grundschule und mein Arbeitsplatz sind alle
per Fahrrad in maximal 15 Minuten erreichbar. Beim Einkaufen ist häufig die Nähe des Supermark-
tes ausschlaggebend. Außerdem kaufe ich einiges per Internet ein – auch das spart Zeit. Manchmal
begleitet mich meine Tochter auf Dienstreisen. Kurz: Ich bin fest überzeugt, dass sich mit Fantasie und
Improvisationstalent Kinder und Beruf vereinbaren lassen!

Wie sehen Ihre Perspektiven für die Zukunft aus?

Ich möchte weiterhin in einem Job arbeiten, der mich fordert und Ent­wick­lungs­mög­lich­kei­ten zu­lässt. Außer­dem möch­te ich jun­gen Frau­en Mut auf Kar­rie­re und Kin­der ma­chen. Mei­ne ei­gene Le­bens­si­tua­tion hin­ter­fra­ge ich re­gel­mäßig: ob noch al­les stim­mig ist und wel­che an­de­ren Op­tio­nen ich hät­te. Der­zeit passt jedoch alles.